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Internationale Beziehungen

Dortmunder Delegation besucht türkisches Erdbebengebiet und Grab von Mehmet Kubaşık

Eine Delegation aus Dortmund ist in das Erdbebengebiet in der Türkei gereist, um auch acht Monate nach der Katastrophe den Menschen ihre Solidarität zu zeigen. Zusätzlichen wollten sich die Dortmunder*innen davon überzeugen, dass die Spenden aus Dortmund gut angekommen sind. Auch ein Besuch am Grab des ermordeten Mehmet Kubaşık in der Provinz Hatay war Teil der Reise.

Am 8. Februar 2023 bebte die Erde in der Grenzregion Türkei/Syrien. Über 60.000 Menschen verloren dabei ihr Leben. In der türkischen Region Hatay werden nach offiziellen Angaben immer noch 2.000 Menschen vermisst, inoffizielle Zahlen beziffern die Vermisstenzahl auf 6.000.

Die Zerstörung des Erdbebens ist allgegenwärtig zu sehen.
Bild: Stadt Dortmund / Martin van der Pütten
Die Zerstörung des Erdbebens ist allgegenwärtig zu sehen.
Bild: Stadt Dortmund / Martin van der Pütten

Die Stadt Dortmund solidarisiert sich mit den Menschen vor Ort, denn in Dortmund leben viele, die ihre Wurzel im betroffenen Bezirk haben, die ihre Familie, ihre Freunde und ihren Besitz im Februar verloren. Dortmund leistete bereits in der Vergangenheit Hilfe: Fünf Nutzfahrzeuge und 1.500 Betten für Containerdörfer kamen zwei Wochen nach dem Beben in der betroffenen Region an.

Viele zerstörte Häuser sind zu sehen

Die Fahrt von der türkischen Stadt Adana nach Hatay dauerte etwa drei Stunden. Bereits 100 Kilometer vor der Stadtgemeinde Antakya war die Landschaft geprägt von zerstörten Häusern. Viele haben Zelte in ihrem Garten oder vor ihrem Haus aufgeschlagen, in denen sie wohnen, da ihre Häuser einsturzgefährdet sind. Die Gegend ist karg – hier werden hauptsächlich Olivenbäume angepflanzt, zuvor lebten die Menschen von der Ernte der Baumwollfelder. Die Menschen vor Ort sind freundlich und zuvorkommend, trotz ihrer prekären Situation.

Die Provinz Hatay plant ein Trauma-Haus zu bauen, in dem im Monat etwa 1.000 Patienten behandelt werden können, und zwar in der Nachsorge in der Psycho- und Physiotherapie. Es sollen dann sechs Behandlungszimmer entstehen. In die Ausstattung des Trauma-Hauses fließen die Geldspenden der Stadt. Momentan beläuft sich der Spendenbetrag aus Dortmund auf 150.000 Euro. Zudem kamen noch etwa 300.000 Euro aus privaten Spenden zusammen. Hatays deutsche Partnerstädte Kiel und Aalen stellen ebenfalls eine Summe von etwa 1 Million Euro zur Verfügung.

In Samandağ, ein Stadteil in Hatay, traf die Dortmunder Delegation den Bürgermeister des Ortes. Refik Eryılmaz habe sich mehr nationale Hilfe gewünscht, erklärte er, und sei froh, auf internationale Hilfe setzen zu können, wie sie zum Beispiel aus Dortmund käme.

Hilfe für die Betroffenen wird vor Ort geleistet

In Antakya angekommen traf sich die Dortmunder Delegation mit Mitarbeiter*innen der Vereinten Nationen, die Aufbauhilfe vor Ort leisten und psychologische Beratungen anbieten. Serdar Kortuglo und Selim Matkap von der Stadtverwaltung Hatay stießen zum Treffen hinzu und begrüßten die Dortmunder Mitarbeiter*innen sehr herzlich. Serdar Kortuglo hat viele Jahre in Deutschland gelebt und spricht fließend deutsch. Der Empfang war innig, die Dankbarkeit für den Besuch war deutlich zu spüren.

Am Grab des ermordeten Dortmunders Mehmet Kubasik wird im Stillen gebetet.
Bild: Stadt Dortmund / Martin van der Pütten
Am Grab des ermordeten Dortmunders Mehmet Kubasik wird im Stillen gebetet.
Bild: Stadt Dortmund / Martin van der Pütten

Schüler*innen erhalten in den betroffenen Gebieten notdürftigen Unterricht

Am nächsten Tag ging es für die Mitarbeiter*innen der Stadt weiter zur Schule Subasi, die aus zwei Schulgebäuden bestand: einer Grundschule und einer weiterführende Schule. Das Gebäude der weiterführenden Schule wurde durch das Erdbeben zerstört und ist abgesackt. Seitdem teilen sich 500 Schüler*innen ein Gebäude. Der Unterricht findet dadurch in Schichten statt: Morgens werden die Kinder der weiterführenden Schule unterrichtet, nachmittags die Grundschüler. Die Betreuung der Grundschüler*innen während der schulfreien Zeit ist nicht geklärt, darum müssen sich die Eltern selbst kümmern.

Am Tag des Besuchs hatte die Schule weder Wasser noch Strom. Ein zerstörtes Gebäude, was auch die Straße zur Schule versperrt, hat bei seinem Zusammenbruch die Versorgungsleitungen für das Viertel unterbrochen und somit auch die Wasser- und Stromversorgung der Schulen.

In den ersten Wochen haben der Direktor und einige Lehrer in der Schule übernachtet, da die eigenen Häuser von den Beben zerstört wurden. Der Direktor selbst wollte zudem für seine Schüler*innen "da sein und Obdach bieten". Die anwesende Psychologin berichtete, dass alle Schüler*innen traumatisiert seien.

Sie unterrichten erst seit vier Wochen wieder. Die Türen der Räume bleiben während des Unterrichts offen. Die Kinder haben Angst in Gebäuden, und damit sie schnell fliehen können, seien die Türen und Fenster immer geöffnet. Zudem fehlt es an Winterbekleidung: Für die kommende kalte Jahreszeit werden beispielsweise noch Winterjacken benötigt, warme Schuhe und vieles mehr. Über die BVB-Stiftung "Leuchte auf" konnten 40 Trikots und zwei Bälle überbracht werden, was als willkommene Abwechslung für die Kinder angenommen wurde.

Historische Altstadt Antakya ist vollständig zerstört

Mit diesen intensiven Eindrücken im Gepäck ging es für die Dortmunder Delegation weiter in die völlig zerstörte Altstadt Antakya. Überall waren Trümmer und Schuttberge zu sehen, dazwischen blitzten Gegenstände wie Schuhe und Brillen auf. Vor dem Beben war die Gegend belebt und rappelvoll – es war eine funktionierende Stadt. In den Schubladen der türkischen Verwaltung gibt es auch schon Masterpläne zum Wiederaufbau. Die Sorge ist aber groß, dass sich das Beben wiederholen könnte.

Dr. Lütfü Savaş, Oberbürgermeister von Hatay, bedankte sich beim Treffen als erstes für die geleistete Hilfe der Stadt Dortmund. Trotz der Umstände sei er froh, dass seine Verwaltung wieder arbeitsfähig sei und mit Technik ausgestattet wurde. Dafür wurden "Not-Büros" in Traglufthallen oder Containern eingerichtet. Seit dem Erdbeben sind allerdings nur noch die Hälfte aller Mitarbeiter*innen in der Verwaltung tätig, viele waren nach dem Beben ausgereist, geflohen oder auch verletzt und verstorben. Bei den nächsten Wahlen will Savas wieder antreten.

Als nächstes wurde Halt in einem Dorf gemacht, aus dem die beiden mitgereisten Vereinsmitglieder von Cukurova e.V. Dilber und Yaşar Bagdat gebürtig kommen. Dilber und Yaşar Bagdat zeigten ihr Dorf, in dem ihre Familie noch lebt. Sie zeigten auch, welche Schäden sie persönlich erlitten haben. Der Vater von Yaşar wohnt im eigenen Garten im Container, sein Haus hat starke Risse, er darf dort nicht mehr rein. Der Tag endete bei Dilbers Familie. Trotz der Umstände wurde aufgetischt, gelacht und geredet.

Delegation besucht das Grab von Mehmet Kubaşık

Am nächsten Tag geht es für die Delegation weiter nach Norden. 200 Kilometer von Hatay entfernt kommen sie in der Stadt Kahramanmaras an. Auch hier ist die Landschaft karg, auf der Fahrt dorthin war überall die zerstörerische Kraft des Erdbebens zu sehen.

In Hanobasi bei Kahramanmaras angekommen, besuchten sie das Grab von Mehmet Kubaşık. Das Dorf ist klein, sofort kamen Angehörige von Mehmet auf die Dortmunder*innen zu, auch der Bruder, der sehr bewegt durch den Besuch wirkte. Es wurde gemeinsam gebetet. Auch das Grab wurde durch das Erdbeben zerstört. Gelder der Stadt und von Spenden, die Volkan Baran eingesammelt hatte, haben den Wiederaufbau des Grabes finanziert.

Die letzte Station der Türkei-Reise ist Adana. Während der Fahrt zeigte sich dasselbe Bild wie zuvor: Überall war Zerstörung zu sehen, eingestürzte Häuser, Schutt und Trümmer.

In Adana angekommen gab es einen Austausch mit dem Gouverneur von Adana, der sich sehr über den Besuch freute. Er war aufgeschlossen und bedankte sich für die Hilfe, die Dortmund bereits geleistet hatte. Er sähe die Chance, an dieser Stelle weiter Brücken zwischen Deutschen und türkischen Städten zu bauen, denn "nur in der Krise erkenne man die echte Freundschaft". Auch mit dem Oberbürgermeister von Adana gab es einen Austausch, bevor es für die Dortmunder*innen wieder nach Hause mit vielen, intensiven Eindrücken und Ideen, wie man den Menschen vor Ort noch mehr helfen könnte, ging.

Die Dortmunder Delegation:

Martin van der Pütten – Leiter Internationale Beziehungen Stadt Dortmund. Leiter der Delegation
Volkan Baran – Mitglied des Landtages Nordrhein-Westfalen
Klaus Wegener – Präsident der Auslandsgesellschaft.de e.V.
Yasar Bagdat – Präsident Cukurova e.V.
Dilber Bagdat – Ehrenmitglied Cukurova e.V.
Cüneyt Karadas – Die Mensa Dortmund

Yasar Bagdat
Vorstand von Çukurova e.V.

Ich, Yasar Bagdat als Vorstand von Çukurova e.V. und im Namen der Bevölkerung von Hatay, möchte mich bei der Geschäftsführung und der Mitglieder, insbesondere des Dortmunder Oberbürgermeisters Thomas Westphal, der von ihm in die Erdbebenregion entsandten Delegation, des geschätzten Auslandsinstituts Klaus Wegener, Volkan Baran und insbesondere Martin van der Pütten, Cüneyt Karadas und gesamten Delegation für Ihr Interesse an der Hilfe, die sie in der Erdbebenregion in Hatay geleistet haben. Vielen, vielen, vielen Dank. Wir waren sehr berührt. Die Reise war sehr produktiv und spannend.

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