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Museumsreif geschummelt - Westfälisches Schulmuseum baut Sammlung von Spickzetteln auf

Das Westfälische Schulmuseum in Dortmund erweitert seine Sammlung: Rund 250 Spickzettel kommen neu in den Bestand des 1910 gegründeten Museums, das eine der größten schulgeschichtlichen Sammlungen Deutschlands besitzt. Ausgestellt werden die museumsreifen Schummelversuche erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Michael Dückershoff zeigt einen Spickzetten und das Biobuch, in dem er gefunden wurde, zur neuen Sammlung von Spickzetteln im Westfälischen Schulmuseum.
Bild: Stadt Dortmund / Katrin Pinetzki
Michael Dückershoff präsentiert einen Spickzettel und das dazugehörige Biobuch, in dem er gefunden wurde.
Bild: Stadt Dortmund / Katrin Pinetzki

Die "Spicker", die das Schulmuseum in seine Sammlung aufgenommen hat, stammen aus dem Berufskolleg St. Michael im westfälischen Ahlen und wurden dem Museum von Sammler Johannes Gröger großzügig übergeben.

Johannes Gröger (62), selbst Lehrer und Schulseelsorger, hat die Spickzettel seit Anfang der 1990er-Jahre selbst gesammelt und durch Exemplare ergänzt, die seine Kolleg*innen einkassiert haben - darunter klassische Varianten von kleinen Zettelchen mit winziger Hand- oder Computerschrift, aber auch sehr originelle und kreative Versuche, während der Klassenarbeit mithilfe von Taschentüchern, Getränkeverpackungen oder Anspitzern zu schummeln.

Bereits vor einigen Jahren hatte Gröger einen Teil der Spickzettel in einer kleinen Ausstellung in verschiedenen Schulen in Nordrhein-Westfalen sowie in den Räumen der Bezirksregierung Münster gezeigt - und war damit auf großes Interesse gestoßen. Nun freut er sich, seine noch immer wachsende Sammlung ans Museum übergeben zu können.

Offenbar bewegt das Thema "Spicken" viele Menschen: Schüler*innen stehen immer wieder neu vor der Frage, ob sie schummeln sollen oder nicht - und viele Erwachsene erinnern sich noch lange an die Momente, in denen sie erwischt wurden oder mit besonderen Täuschmanövern ihre Lehrer*innen überlistet haben.

Ein Trinkpäckchen, an dem die Vorderseite aufgeschnitten ist, um einen Spickzettel darin zu verstecken.
Bild: Stadt Dortmund / Katrin Pinetzki
Bild: Stadt Dortmund / Katrin Pinetzki

Spicker in Getränkeverpackungen und Taschentüchern

Spickzettel dokumentieren den illegalen Versuch, das benötigte Wissen bei Prüfungen oder Klausuren verfügbar zu halten. "Gespickt wurde vermutlich zu allen Zeiten", sagt Michael Dückershoff, Leiter des Westfälischen Schulmuseums, "die ältesten Exemplare, die wir kennen, stammen aus den 1920er-Jahren." Immer mal wieder findet er in der Schulbuch-Sammlung des Museums zwischen den Seiten verborgene Spickzettel, zuletzt in einem Biologiebuch aus dem Jahr 1964.

Neben einfachen Notizen, auf denen die Inhalte beengt und in Mikroschrift festgehalten wurden, gibt es in der nun ans Museum übergebenen Sammlung von Johannes Gröger auch höchst kreative Spicker, die bei ihrer Entwicklung viel Zeit in Anspruch genommen haben müssen. So findet sich beispielsweise eine kleine Getränkeverpackung, deren Seite mit Hilfe von Magneten so präpariert ist, dass man eine Wand herunterklappen kann, um an die Informationen zu gelangen. Beliebt sind auch Zettel, die ziehharmonikaartig ausklappbar sind und sich z.B. unter Anspitzern oder in Taschentuchpackungen befinden. Zur Sammlung gehören mit Formeln beschriebene Radiergummis ebenso wie mit Papierfetzen beklebte Stifte, Lineale oder Lippenpflegestifte. Eines der jüngsten Exemplare ist eine von innen beschriebene medizinische Schutzmaske aus der Corona-Zeit.

Start in die "Spickzettel-Forschung"

"Die Sammlung bietet uns eine wunderbare Basis für die Spickzettel-Forschung", sagt Dr. Bernd Apke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Schulmuseum. "Wir haben nun quasi die 'Klassische Moderne' der Spickzettel und werden uns in den nächsten Jahren bemühen, die Sammlung um zeitgenössische Exemplare und Aspekte zu ergänzen: Wie gehen Schülerinnen und Schüler im digitalen Zeitalter mit dem Thema Spicken um?" Wissenschaftliche Literatur zum Thema, so Apke, gebe es kaum. Nach dem großangelegten Umbau des Museums in den nächsten Jahren wird sich die erste Sonderausstellung im neuen Haus ums Spicken früher und heute drehen.

Auch außerhalb der Schule finden Spickzettel mitunter noch Verwendung - etwa im Sport: Zur Sammlung gehört auch die Kopie des Spickers, mit dessen Hilfe Fußball-Nationaltorwart Jens Lehmann bei der WM 2006 im Viertelfinale das Elfmeterschießen gegen Argentinien für Deutschland entschied. Sein Torwart-Trainer hatte ihm vorab notiert, welche Schützen bevorzugt in welche Richtung schießen. Zwischen den Elfmeterschüssen zog Lehmann diesen Zettel zum "Spicken" aus seinem Stutzen.

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