Arbeit, Wirtschaft & Gesellschaft
Dortmunder Neujahrsgespräch: Arbeit und Wirtschaft in stahlharten Zeiten
Drei Mal ist eine kleine Tradition. Rund 150 Gäste waren am Montag, 13. Januar, in die Stahlhalle der DASA-Arbeitswelt-Ausstellung gekommen. Der Anlass: das dritte Dortmunder Neujahrsgespräch. Der Gastgeber: Oberbürgermeister Thomas Westphal. Das Thema: Arbeit und Wirtschaft.
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„Das Thema ist naheliegend, denn uns allen ist klar: Das angebrochene Jahr wird aus ökonomischer Perspektive kein leichtes“, stimmte OB Thomas Westphal die Gäste auf den Abend ein. „Es hat eine krisenhafte Entwicklung gegeben, die mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine ihren Ausgangspunkt genommen hat und der man jetzt mit den richtigen Instrumenten begegnen muss. Ich persönlich bin, wie viele andere in diesem Saal, weit entfernt davon, alles schwarz zu malen und zu sagen, die Situation sei schicksalhaft. Das ist sie nicht.“
„Dortmund steht zu seinem Stahlstandort“
Auch nicht für den Standort Dortmund. Früh am Abend wurde deutlich, dass der Veranstaltungsort, die Stahlhalle in der Dortmunder DASA mit einem riesigen Elektro-Stahlofen als Exponat und Kulisse, mit Bedacht gewählt worden war: Das Neujahrsgespräch als symbolische Solidaritäts-Adresse an die 1.500 verbliebenen Dortmunder Stahlarbeiter des Konzerns Thyssenkrupp an der Westfalenhütte, die aktuell um ihre Jobs bangen.
OB Thomas Westphal: „Dortmund steht zu seinem Stahlstandort. Wir sind einer Meinung: Stahl ist Zukunft. Auch unter der Überschrift, dass er ein Werkstoff ist, den man im Interesse eines Industriestandortes niemals aus den Händen geben darf.“
DGB-Chefin mit engagierter Rede
Die Sicherung des Industriestandortes Deutschland war auch das Hauptthema der ersten Referentin des Abends. Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi erteilte in einem engagierten, ausführlichen Vortrag Angriffen auf die Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine deutliche Absage, sprach sich für eine nüchterne Zwischenbilanz der Dekarbonisierung-Strategie in der Energiepolitik aus und forderte eine Reform der Schuldenbremse sowie öffentliche Investitionen in Höhe von 600 Milliarden Euro.
Yasmin Fahimi wörtlich: „Wir brauchen Investition in Technik, Investition in Infrastruktur und Investition in Köpfe. Sprich: in Bildung. Jeder Euro, der hier investiert wird, zahlt sich doppelt und dreifach aus.“
„8000 Industrie-Jobs verschwinden jeden Monat“
Auch der zweite Redner des Abends, der Düsseldorfer Volkswirtschafts-Professor Dr. Jens Südekum, sieht Deutschlands Wirtschaft vor einem Jahr der Herausforderungen. Zu Beginn seiner eingehenden Analyse des nationalen Industriestandortes konstatierte er neben wirtschaftlichem Stillstand („Seit 2019 ist das Bruttosozialprodukt nicht mehr gewachsen“) eine beschleunigte Deindustrialisierung inklusive Jobverlusten („8000 Industrie-Jobs verschwinden jeden Monat“).
USA als Vorbild?
Zudem verwies er auf eine massive Zunahme des globalen Wettbewerbs und eine verschärfte Konkurrenzsituation für die deutsche Automobil-Industrie mit problematischen Absatzmärkten in China und den USA. Seine Frage: „Wie können wir nach der Bundestagswahl wieder nach vorne kommen und unseren industriellen volkswirtschaftlichen Kern erhalten?“ Auch Professor Südekum ist überzeugt: „Egal, wie man über das Thema nachdenkt und über welchen Weg man kommt: Man landet am Ende bei dem Begriff Investitions-Offensive.“ Nach amerikanischem Vorbild müsse durch öffentliche Investitionen auch der brachliegende private Investitionssektor belebt werden. Dadurch werde in Zeiten des schwächelnden Exports auch der europäische Nachfragemarkt gestärkt.
„Wer Investitionen vernachlässigt, stärkt die politischen Ränder“
OB Thomas Westphal bilanzierte zum Ausklang des Abends: „Das Gesagte hat auch für Dortmund Relevanz. Was die Investitionsstrategie angeht, beherzigen wir das in dieser Stadt sehr genau. Denn auch für Dortmund geht es darum, trotz der schwierigen Haushaltssituation, die sich uns über Bund und Land stellt, massiv in den öffentlichen Kapitalstock zu investieren. In Schulen, in Kindergärten, in Straßen, in Netze, in Wohnungen und in die Wärmewende. Also in alles, was täglich im Leben der Menschen funktionieren muss. Wer Infrastruktur-Investitionen vernachlässigt, leistet dem Vertrauensverlust gegenüber Staat und Gesellschaft Vorschub und macht die politischen Ränder stark.“
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