Soziales
Pflegefamilien gesucht: Kinder in Not brauchen Liebe und Halt
Für Kinder, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht bei ihren Eltern leben können, sucht das Jugendamt Pflegefamilien. Rund 1.500 Pflegekinder gibt es aktuell in Dortmund. Knapp 600 leben in einer Pflegefamilie. Sandra und Frank May haben sich vor vier Jahren dazu entschieden, Pflegefamilie zu werden. Es war keine einfache Entscheidung. Lange haben die beiden darüber nachgedacht und sich schließlich bei der Stadt Dortmund dafür beworben. "Wir haben Platz in unseren Herzen und auch Platz in unserem Haus, da haben wir uns gedacht: warum teilen wir das nicht mit einem Pflegekind", sagt Sandra May rückblickend. Seit vier Jahren lebt Olli bei den Mays. Er ist ein aufgeweckter kleiner Junge, dem die Mays wie ihren leiblichen Sohn Mats, viel Liebe und Halt geben.
Informationen zum Datenschutz von dortmund.de finden in der städtischen Datenschutzerklärung.
Die Gründe, warum ein Kind nicht bei den leiblichen Eltern leben kann, sind vielfältig. Doch auch wenn die leiblichen Eltern ihr Kind nicht versorgen oder erziehen können, bedeutet das nicht, dass sie es nicht lieben. Trotz aller Liebe haben viele nach ihren ersten Kontakten mit dem Jugendamt aber die Einsicht, dass das Kind besser in einer Pflegefamilie aufgehoben ist. Auch wenn das Kind in einer anderen Familie lebt, gibt in den meisten Fällen regelmäßigen Kontakt mit der leiblichen Mutter oder dem leiblichen Vater.
Sandra und Frank May haben viele Informationen im Vorfeld eingeholt, bis sie sich entschieden haben, Pflegeeltern zu werden. Welche Herausforderungen kommen auf uns zu? Was bedeutet ein Pflegekind für unseren leiblichen Sohn Mats? Wie wird sich unser Alltag verändern? - All diese Fragen haben sie sich im Vorfeld gestellt und schließlich die Entscheidung, Pflegefamilie zu werden, ganz bewusst getroffen.
Jugendamt prüft Bewerber*innen vorab
Wer bereit ist ein Pflegekind bei sich aufzunehmen, kann sich beim Jugendamt der Stadt dafür bewerben. Egal ob Single, gleichgeschlechtliches Paar oder mit Migrationshintergrund - bewerben kann sich zunächst jede*r. Das Jugendamt lädt die Bewerber*innen zu Informationsveranstaltungen ein und wenn anschließend immer noch die Entscheidung steht, schließt sich ein sechsmonatiges Prüfungsverfahren an. "Die Zeit des Prüfungsverfahrens hat uns auch noch einmal viele zusätzliche Informationen gegeben", erklärt Pflegemutter Sandra May. Die Entscheidung ein Pflegekind bei sich aufzunehmen habe sie und ihr Mann nicht bereut.
Zehn Monate alt war Oliver, den sie liebevoll Olli nennen, als er zu den Mays kam. Ihr leiblicher Sohn Mats war damals fünf Jahre. "Wir haben Mats selbstverständlich gefragt, was er davon hält, dass ein Pflegekind bei uns lebt", erzählt Sandra May. "Ganz kindgerecht haben wir ihm erzählt, dass Olli nicht bei seiner leiblichen Mama wohnen kann. Uns war sehr wichtig, dass auch Mats mitentscheidet. Schließlich sind wir eine Familie." Mats hat sich auf Olli gefreut und ist heute ein liebevoller großer Bruder. Er spielt viel mit Olli, erklärt ihm viel und achtet immer darauf, dass es seinem kleinen Bruder gutgeht.
Regelmäßige Unterstützung von der Stadt Dortmund
Pflegefamilien bekommen viel Unterstützung von der Pflegekinderhilfe des Jugendamtes. Jeder Pflegeperson steht ein*e feste*r Ansprechpartner*in zur Seite, die/*der jederzeit auch kurzfristig kontaktiert werden kann. Mehrmals im Jahr gibt es Hausbesuche. "Jeder Pflegefamilie muss klar sein, dass wir vom Jugendamt bei der Erziehung der Pflegekinder mit im Boot sind", erklärt Sascha Guccione, Leiter der Pflegekinderhilfe, "wir beraten zum Beispiel bei Herausforderungen, bei Fördermöglichkeiten und auch beim Umgang mit den leiblichen Eltern." Der Kontakt zur leiblichen Mutter oder zum leiblichen Vater ist ausdrücklich gewünscht. Sandra May ist genau das für ihren Pflegesohn Olli ganz wichtig. Jeder Mensch sollte schließlich wissen, wo seine Wurzeln seien, meint sie.
Ollis leibliche Mutter lebt allerdings in Ungarn. Der Kontakt mit ihr verläuft meist über E-Mail. Sie meldet sich an den Geburtstagen, zu Weihnachten und auch zwischendurch. Auch zu den ungarischen Großeltern gibt es Kontakt. Für Olli selbst ist dieser Kontakt sehr wichtig. Er weiß, dass er zwei Mamas hat. Für ihn ist das ganz normal und er hinterfragt es derzeit nicht.
Transparenz und Offenheit
Nicht nur gegenüber ihrem leiblichen Sohn Mats sprechen Sandra und Frank May ganz offen über ihre Pflegeelternschaft. Noch bevor Olli in die Familie kam, haben sie Freund*innen und Verwandtschaft von ihrem Vorhaben erzählt. Die meisten haben sehr positiv auf ihr Engagement reagiert, hatten aber auch viele Fragen. "Das traut ihr euch? So viel Verantwortung wollt ihr für ein fremdes Kind übernehmen? Was ist, wenn ihr emotional tief drin seid und dann soll das Kind doch wieder zu den leiblichen Eltern? - solche Fragen haben wir gestellt bekommen", berichtet Sandra May, "wir haben geantwortet, dass wir darauf selbst keine Antworten hätten. Dass das alles eine Wundertüte für uns ist. Dass wir uns aber gerne darauf einlassen möchten."
Auch heute, vier Jahre nach dem Beginn der Elternpflegeschaft gehen Sandra und Frank May offen damit um, dass Olli ihr Pflegesohn ist. Auch die heutigen Reaktionen - ob in der Kita, die Olli inzwischen besucht, oder bei anderen Kontakten sind durchweg positiv.
Ein Leben ohne ihren Olli, das wäre für die Mays heute gar nicht mehr denkbar.
Text: Karin Niemeyer
Das Jugendamt Dortmund sucht Pflegeeltern, die bereits und fählig sind, mit Kindern ein Stück Lebensweg gemeinsam zu gehen. Wollen Sie ein Pflegekind bei sich aufnehmen?