Zeitzeichen Dortmund
Der 9. Mai - Europatag
(StadtA Dortmund, Best. 502-37)
Der 9. Mai ist für die Europäische Union von besonderer Bedeutung: An diesem Tag im Jahr 1950 wurde die Erklärung zur Gründung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl durch den französischen Außenminister Robert Schuman verlesen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte die wechselseitige Kontrolle kriegswichtiger Industrien neben wirtschaftlicher Zusammenarbeit auch zur Schaffung einer europäischen Friedensordnung beitragen. Die sogenannte Montanunion löste das Ruhrstatut ab, durch das die Westalliierten bis dahin die deutsche Schwerindustrie weitgehend kontrolliert hatten. Sie wurde zur Keimzelle der westeuropäischen Wirtschaftsgemeinschaft und somit der späteren Europäischen Union (EU).
Schon nach dem Ersten Weltkrieg hatte es Bestrebungen einer Aussöhnung zwischen den Kriegsparteien und einer Einbindung Deutschlands in die internationale Gemeinschaft gegeben. Für ihre Bemühungen um eine Aussöhnung erhielten Gustav Stresemann und Aristide Briand 1926 den Friedensnobelpreis. Es war eine Zeit der Widersprüche – einerseits der Zukunft zugewandt, andererseits reaktionär. In der fragilen Nachkriegsordnung gediehen radikale Gesinnungen ebenso wie die Friedensbewegung; technische Innovationen, gesellschaftliche und kulturelle Neuerungen standen einer tief verwurzelten Fortschrittsfeindlichkeit gegenüber. Die wirtschaftlichen Turbulenzen der späten Weimarer Zeit verschärften die Gegensätze zwischen Arm und Reich. Glanz und Elend lagen nah beieinander.
Erich Grisar. Fotos aus Europa 1928 - 1932
Einzigartige Dokumente dieser Epoche sind die Bilder des Dortmunder Fotografen Erich Grisar. Er hielt das Leben und den Alltag dieser Jahre mit der Kamera fest. Seine Fotos unterscheiden sich grundlegend von der steifen Atelierfotografie seiner Zeit. Sie zeigen das alltägliche Leben in jenen Jahren, jede Situation, jedes Outfit ist „bildwürdig“. In den Jahren 1928 bis 1932 bereiste Erich Grisar verschiedene Länder Europas, die Kamera immer im Gepäck. Er besuchte die ehemaligen Schlachtfelder der Westfront, die belgischen Kohlereviere, er machte Station in London, Paris, Barcelona und Warschau, Vilnius und Venedig. Seine Fotos zeigen uns das Leben auf den Straßen – keine klassischen Sehenswürdigkeiten, sondern die Menschen in Stadt und Land. Wäscherinnen an der Ill in Straßburg, Schuhputzer in Barcelona, Bergleute, Marktfrauen, Diamantenhändler, Hafenarbeiter in Antwerpen und London, die morgens am Kai stehen und auf einen Gelegenheitsjob hoffen.
Die Fotos Erich Grisars sind außergewöhnlich in dieser Zeit. Sie halten lebendige Augenblicke fest und zeichnen sich aus durch die Nähe des Fotografen zu den Menschen, sein Einfühlungsvermögen und einen feinen Humor.
Der fotografische Nachlass Erich Grisars befindet sich im Dortmunder Stadtarchiv.
Grisars 1932 erschienenes Buch Mit Kamera und Schreibmaschine durch Europa wurde als Fotoband neu aufgelegt und mit den besten Aufnahmen seiner Reisen illustriert. Erhältlich ist es im Buchhandel, im Stadtarchiv und im LWL-Museum Zeche Zollern.
Andrea Zupancic (Hg.)
Mit Kamera und Schreibmaschine durch Europa
Bilder und Berichte von Erich Grisar
Klartext Verlag, Essen
Festeinband, 224 Seiten, zahlr. Abb.
ISBN: 978-3-8375-1405-6
Zeitzeichen Dortmund - 9. Mai - Europatag
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