Literatur
Schriftsteller Saša Stanišić erhält Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund
Der Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund geht in diesem Jahr an den deutsch-bosnischen Schriftsteller Saša Stanišić. Die Entscheidung über die Vergabe des mit 15.000 Euro dotierten Literaturpreises fiel am Freitag, 1. September, in der Jury-Sitzung.
In Anlehnung an den Geburtstag von Nelly Sachs wird der Preis am 10. Dezember in einem Festakt im
In einer ersten Reaktion bedankt sich der Autor mit einem Nelly-Sachs-Zitat: " 'Alles beginnt mit der Sehnsucht‘ – so beginnt Nelly Sachs ein Gedicht", sagt Saša Stanišić. "Meine sehr frühe Sehnsucht waren Geschichten und sind es noch immer: zuhören, erzählen. Meinen aufrichtigen Dank, dass Sie ihnen mit diesem Preis Vertrauen schenken."
Preisträger 2023: Saša Stanišić
Saša Stanišić wurde 1978 in Višegrad (damals: Jugoslawien) geboren und lebt seit 1992 in Deutschland. Er veröffentlichte die Romane "Wie der Soldat das Grammofon repariert“ (2006), "Vor dem Fest" (2014) und "Herkunft" (2019), den Erzählband "Fallensteller" (2016) sowie zuletzt mehrere Kinderbücher.
Seine Werke wurden in über 30 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Saša Stanišić erhielt u.a. den Preis der Leipziger Buchmesse für "Vor dem Fest" und zuletzt für "Herkunft" den Deutschen Buchpreis 2019, sowie u.a. den Eichendorff-Literaturpreis, den Schillerpreis und den Hans-Fallada-Preis. Er lebt und arbeitet in Hamburg.
Aus der Begründung der Jury
"Mit Saša Stanišić wird kein unbekannter Schriftsteller der Gegenwartsliteratur ausgezeichnet, sondern einer, der von seinem ersten Buch an Leserinnen und Leser verschiedener Generationen konstant begeistert. Seine Werke zeichnen insbesondere eine sprachliche Virtuosität, eine komplexe Handlungsführung, authentische Figuren und raffiniert und präzise gestaltete Romanwelten aus. Zudem macht sein spielerischer Umgang mit der Form und den Grenzen der Sprache und des Erzählbaren die Rezeption seiner Romane zu einer intellektuellen Unterhaltung im besten Sinne.
Dabei macht er die Fluchterfahrung zu einem zentralen Moment seines Schreibens. Und wie Nelly Sachs mit den literarischen Traditionen ihrer Herkunft nicht gebrochen hat, so setzt auch Stanišić den Erzählreichtum der Balkankulturen fort. Dabei zeichnet sich sein Schreiben stets durch das Bemühen aus, noch das Unangenehmste, das ihm und seiner Familie erst in Jugoslawien und dann auch in Deutschland zugestoßen ist, mit Ironie und Witz zum Thema zu machen, ohne dabei etwas zu verharmlosen.
Vor allem jedoch entwickeln seine Texte eine außergewöhnliche Sogkraft, die es den Lesenden ermöglicht, sich restlos in die Figuren hineinzuversetzen. Durch dieses Potential der emotionalen Identifikation gestattet er seinen Leserinnen und Lesern, die beschriebenen Erfahrungen nicht nur zu verstehen, sondern sie geradezu zu durchleben. So eröffnet Stanišić eine einzigartige Dimension der Verständigung, die auf einer emotionalen Ebene Kulturen und Menschen miteinander verbindet."
Nelly-Sachs-Literaturpreis
Mit dem nach Nelly Sachs benannten Literaturpreis ehrt und fördert die Stadt Dortmund alle zwei Jahre Persönlichkeiten, die herausragende schöpferische Leistungen auf dem Gebiet des literarischen und geistigen Lebens hervorbringen und zur Verbesserung der kulturellen Beziehungen zwischen den Ländern beitragen. Die Preisträger*innen stehen für Toleranz, Respekt und Versöhnung und leben diese Werte in einer globalisierten Gesellschaft, in der sie sich für ein friedliches Zusammenleben einsetzen.
Erste Preisträgerin war 1961 die Namensgeberin Nelly Sachs. Später ging der Preis u.a. an Nadine Gordimer (1985), Milan Kundera (1987), Javier Marias (1997), Christa Wolf (1999), Per Olov Enquist (2003), Margaret Atwood (2009) und Marie N’Diaye (2015). Der Preis wird seit 2015 alternierend an Männer und Frauen vergeben. Letzte Preisträgerin war 2021 Katerina Poladjan.
Zur Jury unter dem Vorsitz von Bürgermeisterin Barbara Brunsing gehören folgende Fachpreisrichter*innen:
- Dr. Bozena Badura (Literaturkritikerin)
- Katharina Borchardt (Literaturredakteurin und Moderatorin)
- Andreas Platthaus (Literaturchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung)
- Jörg Stüdemann (Stadtdirektor, Kulturdezernent der Stadt Dortmund)
- Dr. Johannes Borbach-Jaene (Leiter der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund).